Wer wir sind und was wir tun
Gewalt gegen Mädchen und Frauen ist kein Relikt der Vergangenheit – sie passiert jeden Tag, jede Sekunde, überall auf der Welt, in Kriegen und auch mitten unter uns.
Wir von Vive Žene setzen uns ein für Frauen und Mädchen, die Gewalt erfahren haben. Dies tun wir ungeachtet der politischen, ethnischen und der religiösen Zugehörigkeit der Mädchen und Frauen.
Unser Ziel ist das Empowerment der Mädchen und Frauen. Mit unserer Arbeit geben wir ihnen ihre Würde zurück und helfen ihnen, ihr Leben selbstbestimmt in die Hand zu nehmen.
Mit unserer solidarischen und parteilichen Haltung für die betroffenen Mädchen und Frauen setzen wir uns ein:
Die Gewalt beschränkt sich dabei nicht auf spezielle Kulturen, Religionen oder Länder, sondern findet auch mitten unter uns statt: Im Schnitt erleben 40 % aller Frauen in Deutschland mindestens einmal in ihrem Leben körperliche und/oder sexuelle Gewalt. Die UN geht zudem davon aus, dass in Deutschland jeden dritten Tag eine Frau von ihrem Partner getötet wird. Geschlechtsspezifische Gewalt betrifft Frauen jeden Alters und jeder Schicht, Frauen mit und ohne Behinderung, mit und ohne Migrationshintergrund.
Bundesweit kommt es jährlich zu ca. 12.000 bis 13.000 Anzeigen wegen Vergewaltigung. Die Dunkelziffer ist hoch. Demgegenüber stehen Frauen mit ihren Kindern in Frauenhäusern ca. 6.000 Plätze zur Verfügung.
Vergewaltigungen gibt es in jedem Krieg – schon immer. Sie sind Ausdruck von Macht, Wut, Kontrolle und Unterdrückung, somit von Aggression. Vergewaltigungen oder sexualisierte Kriegsgewalt haben nichts mit Sexualität zu tun. Sie sind eine extreme Form der Gewaltausübung mit sexuellen Mitteln, die der Demütigung, Erniedrigung und Unterwerfung der Frau dient. Eine Vergewaltigung bedeutet für die Frauen nicht nur körperlichen Schmerz, sondern auch den Verlust der Würde. Sie ist ein Angriff auf die Identität der Frau und bedeutet den Verlust der Selbstbestimmung über den eigenen Körper. Im Bosnienkrieg, der die Initialzündung zur Gründung von Vive Žene gab, wurden mindestens 25.000 Frauen vergewaltigt.
Mädchen und Frauen sind aufgrund ihres Geschlechts vor und während einer z.B. kriegsbedingten Flucht besonderer Gefährdung ausgesetzt. Dies setzt sich bei Ankunft im Zielland fort. Die Unterbringung findet oft gemischtgeschlechtlich statt, politische, ethnische oder religiöse Zugehörigkeit findet selten Berücksichtigung. Dies führt in den Einrichtungen häufig zu Konflikten, auch weil männliche traumatisierte Überlebende eher dazu neigen, die erlittenen Demütigungen und die erlebte Angst zu verleugnen und gewalttätig gegen andere zu werden.
Gewalt gegen Frauen nimmt nicht ab, sondern eher noch zu. Sie dient der Diskriminierung und Unterdrückung von Frauen und wirkt sich über Generationen aus. Jedes Engagement, Gewalt gegen Frauen zu unterbinden, wirkt sich damit langfristig aus: Auf das einzelne Frauenleben, das Leben ihrer Nachkommen und auf die ganze Gesellschaft.
1993 gründete eine Gruppe Dortmunder Frauen den Verein Vive Žene mit dem Ziel, Mädchen und Frauen zu unterstützen, die von geschlechtsspezifischer, insbesondere sexualisierter Kriegsgewalt im Bosnienkrieg betroffen waren. Der Krieg endete 1995. Die psychischen und sozialen Folgen jedoch dauern an und werden oft über Generationen weitergegeben.
Vive Žene e. V. unterstützt deshalb auch heute noch Frauen und Mädchen in Bosnien und Herzegowina bei der Aufarbeitung und Integration ihrer Traumata und hilft ihnen, ihr Leben in einem immer noch schwierigen Lebensumfeld selbstbestimmt zu gestalten.
Unsere Arbeit hat eine kontinuierliche Unterstützung zum Ziel. Vive Žene e. V. arbeitet nachhaltig, mit einem umfassenden ganzheitlichen Ansatz und mit langfristigen Zielen.
2016 gründeten wir das Mädchenhaus Mäggie.
In der Einrichtung in Herdecke bei Dortmund erfahren traumatisierte Mädchen einen Lebens- und Schutzraum, in dem sie ihre traumatischen Erfahrungen verarbeiten und heilen und wachsen können. Die Mädchen zwischen 12 und 21 Jahren entstammen schwierigen Familienverhältnissen, haben körperliche und/oder psychische Gewalt erfahren oder eine Fluchtvergangenheit.
Gründung von Vive Žene in Dortmund mit dem Ziel, von sexualisierter Gewalt betroffene Frauen in Bosnien und Herzegowina zu unterstützen.
Gründung des stationären Therapiezentrums in Tuzla.
Einzug von 14 Frauen mit ihren Kindern, Aufbau der Alltagsstruktur sowie der psychosozialen Angebote und Betreuung der Kinder.
Beginn der Arbeit in der Region von Tuzla mit ambulanten medizinischen und psychologischen Angeboten.
Die ersten Frauen ziehen mit ihren Kindern in eigene Wohnungen. Rückkehr der ersten Männer führt zu innerfamiliären Konflikten und zur therapeutischen Arbeit mit den Familien.
Das Massaker von Srebrenica führt zu einem Strom von Flüchtlingen.
Beginn ambulanter medizinischer und psychosozialer Angebote in Flüchtlingslagern.
Ende des Bosnienkriegs.
Erste Berufsausbildungen von Frauen und erste Gartenprojekte.
Unterstützung der Frauen beim Bau eigener Häuser für sich und ihre Kinder.
Gründung von Snaga Žene in Tuzla und Beginn der langjährigen Kooperation von Vive Žene und Snaga Žene.
Fokus liegt auf ambulanten Angeboten: Psychologische, soziale und medizinische Unterstützung von Frauen in der Stadt Tuzla und der Region.
Entwicklung des Rehabilitationsmodells in der Region Srebrenica, das die psychosozialen Angebote mit Einkommen schaffenden Maßnahmen in der Landwirtschaft und im Gartenbau verbindet.
Beginn rechtlicher Beratung und Rechtsbeistand von Frauen.
Beginn von Projekten, die die ökonomische Unabhängigkeit von Frauen zum Ziel haben. Erste Heilkräuterplantagen rund um Srebrenica werden bewirtschaftet.
Entwicklung erster Vermarktungsstrukturen.
Beginn der Kooperation mit bosnischen Kriegsopferverbänden, die sich für Frauen einsetzen, die sexualisierte Kriegsgewalt überlebt haben.
Einkommen schaffende Maßnahmen werden in andere Regionen transportiert.
Beginn der Weiterverarbeitung von Heilkräutern zu Tees, Seifen und Körperpflegeartikeln.
Gründung des Mädchenhauses Mäggie in Dortmund/Herdecke
Gründung des „Grünen Netzes“ – Vertriebsnetzwerk für die ökologischen Erzeugnisse der Produzentinnen.
Gründung des Lehrmädchengartens „Diana“ in Tuzla .
Projektbewilligung „Prävention von transgenerativen Kriegstraumatisierungen und sozialer Ausgrenzung“.
Die Gründungsfrauen vom Mädchenhaus Mäggie, alphabetisch geordnet
Agnes Bernzen
Sabine Fründt
Stefica Divkovic
Smiljana Hesse
Katharina Hesse
Gabriele Krämer
Cornelia Suhan
Anne Werthmann
Die Vorstandsfrauen Agnes Bernzen, Gabriele Krämer und Cornelia Suhan antworten.
Aufgrund meiner langjährigen Arbeit als Sozialarbeiterin im In- und Ausland und 15 jähriger internationaler Entwicklungszusammenarbeit mit Guatemala, habe ich wiederholt Erfahrungen mit Familien machen müssen, in denen es zu massiver Gewalt, sexuellen Übergriffen und/oder zu Vernachlässigung gekommen ist.
Die Kinder/Jugendlichen aus diesen Familien sind hochgradig traumatisiert. Es gibt viele Träger, die Hilfen, wie Einrichtungen für Kinder/Jugendlichen, stellen, jedoch nur sehr wenige, die das herausfordernde Verhalten traumatisierter Kinder/Jugendlicher aushalten. Über Vive Žene setze ich mich dafür ein, dass insbesondere traumatisierte Mädchen und jungen Frauen langfristige Hilfsangebote und ein sicheres Zuhause bekommen.
„Sexualisierte Gewalt bedeutet eine tiefe Verletzung des eigenen Selbst und der Würde von Frauen. Mitbetroffen sind immer auch ihre Kinder – und das oft über Generationen. Unbearbeitete Traumata, was ja oft auch Tabuisierung des Erlebten bedeutet, wirken in den Nachkommen und damit gesellschaftlich weiter.
1992 brannten in Deutschland Wohnheime von Asylsuchenden und in Europa gab es einen Krieg. Beides hat mich erschüttert. Als dann die ersten Meldungen über Massenvergewaltigungen von Frauen in Bosnien durch die Medien gingen, wurde mir klar: „Es reicht nicht mehr, auf Demonstrationen zu gehen. Wir müssen etwas tun, konkret“. Deswegen habe ich Vive Žene mitgegründet.“
„In meiner langjährigen Arbeit für Vive Žene habe ich gesehen, auf welch fruchtbaren Boden unsere Hilfe fällt. Mit langfristigen Plänen helfen wir nicht nur einzelnen Frauen, sondern oft ganzen Familien.
Solidarität und Parteilichkeit, Kontinuität und Nachhaltigkeit gehören dabei zu unseren Grundsätzen. Mit umfassender Unterstützung geben wir den Mädchen und Frauen neuen Halt nach Situationen, die sie fast aus dem Leben gerissen hätten. Unsere vielen Erfolgsgeschichten geben uns recht: Unsere Arbeit verändert etwas – und zwar zum Guten!“
Kriegstraumatisierungen heilen langsam.
Mehr über unser Engagement in Bosnien und Herzegowina
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Bei Mäggie finden traumatisierte Mädchen und junge Frauen Hilfe, Betreuung und eine Heimat.
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